Ein Tag als Freiwillige am jüdischen Friedhof Währing!
Jeden zweiten Sonntag im Monat ruft der Verein Rettet den jüdischen Friedhof Währing zur Freiwilligenarbeit auf. Heute ist Sonntag der 12.7.2020 und ich möchte mich, neben meiner Arbeit als Finanzreferentin im Verein, auch einmal vor Ort als Freiwillige bei der Beseitigung des wilden Bewuchses am Friedhof betätigen. Mit Handschuhen, Gartenschere und Scheibtruhe ausgestattet suche ich mir einen Platz im hinteren Teil des Friedhofes in der Nähe der Friedhofsmauer mit Blick auf den Arthur Schnitzler Hof.
Das Unkraut hat hier die Vorherrschaft übernommen und bedeckt die Grabstätte vollständig. Wer liegt hier wohl begraben? Die Arbeit beginnt im ersten Schritt damit, die Efeuranken zu entfernen wobei diese nicht aus dem Boden herausgerissen werden dürfen, sondern auf Ebene der Erdschicht abgeschnitten werden. Wichtig ist auch zu beachten, dass Efeu, der sich auf Grabsteinen aus Sandstein rankt, nicht einfach weggerissen werden darf, denn damit würde man den Sandstein beschädigen.
Im nächsten Schritt beseitige ich händisch die ca. 5 cm dicke Humusschicht samt dem Laub. Nach dem Abtransport von zwei Scheibtruhen voll Humus, Laub und Efeuranken wird ein Grabstein sichtbar, der in früheren Zeiten wohl auf dem sichtbaren Podest gestanden sein muss. Es handelt sich um einen Granit-Grabstein der in gutem Zustand sein dürfte. Interessant ist es jetzt auch noch die Inschrift zu entziffern.
Mit einer kleinen Bürste beseitige ich den restlichen Humus und mit Wasser aus meiner Flasche und einem Tuch lege ich die Inschrift des Grabsteins frei. Abhängig vom Einfallswinkel der Sonne ist die Inschrift besser oder schlechter zu lesen. Am frühen Nachmittag ist es dann soweit die Inschrift zu entziffern.
Hier ruht: Babelle Sobelmann (geb. Halperson), Kaufmanns Gattin aus Zaslaw in Russland gest. am 15. November 1865 im Alter von 25 Jahren.
Nach zweistündigem Einsatz beende ich zufrieden meine Arbeit. Ich habe mitgeholfen einer Grabstätte wieder einen Namen zu geben.
Andrea Schellner