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Friedhof

Geschichte des jüdischen Friedhofs

Der jüdische Friedhof Währing wurde 1784 aufgrund der von Joseph II. erlassenen Sanitätsordnung eingerichtet. Aus hygienischen Gründen mussten alle Friedhöfe Wiens, die innerhalb der damals bestehenden Stadtmauern lagen, geschlossen werden. Anstelle der alten Ortsfriedhöfe, die sich oftmals um Pfarrkirchen angesiedelt hatten, wurden neue Friedhöfe außerhalb der Stadtmauer angelegt. Von dieser Maßnahme war auch die jüdische Gemeinde betroffen, die in der Seegasse (Roßau) einen Friedhof unterhielt. Dieser Jüdische Friedhof Roßau wurde ebenfalls geschlossen. Deshalb erwarb die jüdische Gemeinde 1784 ein zwei Hektar großes Grundstück neben dem bereits errichteten Allgemeinen Währinger Friedhof und eröffnete dort noch im selben Jahr den durch eine Mauer abgetrennten neuen jüdischen Friedhof. Bestand der Friedhof ursprünglich nur aus dem westlich vom Eingang gelegenen Teil, so wurde der Friedhof dreimalig durch den Zukauf von Grundstücken nach Westen, Osten und Norden erweitert.

Bis 1879 diente er als offizieller Begräbnisplatz aller in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien verstorbenen Juden – vermutlich bis zu ca. 30.000 Personen insgesamt, wobei nicht nur die in Wien wohnhaften Angehörigen des jüdischen Glaubens dort begraben wurden, sondern auch jene, die auf der Durchreise in Wien verstarben.

Ein Drittel der Grabstellen waren ursprünglich mit Grabsteinen versehen. Von den 30.000 Personen, die hier begraben wurden sind bisher nur jene erforscht und dokumentiert, auf deren Grabstellen sich zum Zeitpunkt der Schließung des Friedhofes noch ein eigener, intakter, identifizierbarer Grabstein befand, insgesamt 8.969 Personen.

Mit der Fertigstellung der israelitischen Abteilung am Wiener Zentralfriedhof 1879 wurde der Jüdische Friedhof Währing offiziell geschlossen. 

Vereinzelte Bestattungen in den Familiengrüften wurden noch bis in die späten 1880er Jahre durchgeführt. 1898 fand die letzte dokumentierte Belegung eines bereits vorhandenen Familiengrabes statt. Danach erfolgten keine Bestattungen mehr auf dem Friedhof.

Der benachbarte christliche Ortsfriedhof Währing wurde in den 1920er Jahren aufgelöst und in den Währinger Park umgewandelt. Der jüdische Bereich blieb aufgrund der jüdischen Religionsgesetze bestehen. Nach der Halacha gehört ein jüdisches Grab ausschließlich dem Beerdigten und muss auf ewige Zeiten bestehen bleiben. Die jüdische Gemeinde ist daher verpflichtet, ihre Friedhöfe und alle Grabstätten immerwährend zu erhalten. Die Anlage erfuhr lediglich eine behutsame Überführung in eine „parkähnliche“ Gestalt durch die Israelitische Kultusgemeinde selbst. Um 1900 wurde in der Mitte des nicht mehr genutzten Friedhofes eine Lindenallee angepflanzt.

Während der NS-Zeit wurde der Friedhof der IKG enteignet. Weit mehr als zweitausend Gräber wurden bei Aushubarbeiten für einen Luftschutzbunker zerstört. Im Namen einer nationalsozialistischen „Rassekunde“ wurden darüber hinaus die Gebeine ganzer Familien exhumiert (ca. 400 Personen) und in das Naturhistorische Museum Wien verbracht, wo sie dann bis zu ihrer teilweisen Wiederbeerdigung 1947 in Gemeinschaftsgräbern bei Tor 4 des Zentralfriedhofes verblieben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof nach zähen Verhandlungen an die neu zusammengesetzte IKG Wien restituiert. Die IKG musste aber den zerstörten Teil des Friedhofes an die Gemeinde Wien abgeben, die in der Folge das ursprünglich als Grünland gewidmete Grundstück in Bauland umwidmete. Auf diesem Grundstück wurde danach der heute noch bestehende „Arthur-Schnitzler-Hof“ errichtet.

Mehrere hundert Gräber gerieten durch die damals neu errichtete und nach wie vor bestehende Mauer außerhalb des eigentlichen Friedhofs auf der Parkplatzfläche des Arthur Schnitzler-Hofs.

Da sich die Kultusgemeinde nach Ende des Krieges den Erhalt nicht leisten konnte, begann der rapide Verfall des Friedhofes. Zwar hat sich die Republik Österreich 2001 im Washingtoner Abkommen verpflichtet, finanzielle Unterstützung zur Erhaltung und Restaurierung der jüdischen Friedhöfe zu leisten, aber das Geld reicht bei weitem nicht aus bzw. werden für andere jüdische Friedhöfe verwendet. Ein Großteil der bisherigen Zahlungen der Republik Österreich an die IKG zur Erhaltung der jüdischen Friedhöfe wurden und werden für den Erhalt der beiden israelitischen Abteilungen auf dem Wiener Zentralfriedhof verwendet und es stehen für die Erhaltung des Jüdischen Friedhofs Währing daher kaum Mittel zur Verfügung. 

Übersichtskarte Friedhof

Die zeitliche Belegung der Gräberfelder entwickelte sich wie folgt: